Orientierung im Nachfolge-Prozess

 

Wenn die Nachfolge im Unternehmen nicht scheitern soll, hilft es, mit dem Loslassen anzufangen, bevor es zu spät ist. Dabei ist Nachfolge kein Sprint. Eher ein Langlauf, der sich über mehrere Jahre erstrecken kann. Orientierung für einen bewussten Nachfolgeprozess biete die Landkarte der Nachfolge (Succession Map).

 

 

Wahrscheinlich kennt jeder Geschichten, die von misslungenen Nachfolgen handeln oder hat sie sogar selbst erlebt. Die KfW hat in ihrem Nachfolgemonitoring (Link: https://www.kfw.de/Über-die-KfW/Newsroom/Aktuelles/News-Details_833856.html) Anfang des Jahres beschrieben, dass im deutschen Mittelstand eine sechsstellige Anzahl von Unternehmern und Unternehmerinnen Nachfolgeregelungen sucht. Dabei steigt – gerade bei Familienunternehmen - oft aus Mangel an Nachfolgern oder Nachfolgerinnen auch die Anzahl der Stilllegungsüberlegungen. Und hat man eine Nachfolge gefunden, zeigt sich regelmäßig, dass die Nachfolge ungünstig verläuft. Denn der Nachfolgeprozess beginnt nicht mit den Vertragsverhandlungen und endet auch nicht mit entsprechenden Eintragungen im Handelsregister. Es braucht Vorbereitung und Nachbereitung – sowohl auf der persönlichen als auch der organisationalen Ebene.

 

Nachfolgemanagement ist mindestens eine Triade aus klassischen M&A-Prozessen, Coaching und Organisationsentwicklung. Als ich mich mit Ivo Kuhnt von Pinegarden dazu ausgetauscht habe, ist unsere Idee der Nachfolgelandkarte (Succession Map) entstanden, auf der sieben Inseln zu bereisen sind und die Orientierung auf dem Weg der Nachfolge bietet. Die Route hat einerseits eine gewisse Grundabfolge und ist gleichzeitig von iterativen Reiseschritten oder auch dem Aufenthalt auf mehreren Inseln gleichzeitig geprägt.

 

Die Inseln im Überblick:

 

-       Motivation: Als Ausgangspunkt der Nachfolgeüberlegungen steht die Klärung und Vergewisserung, warum und wofür die Nachfolge gestaltet werden soll. Dabei gibt es potenziell sowohl persönliche als auch gesellschaftliche (Arbeitsplätze, #regeneratives Wirtschaften etc.) Motive. Gibt es ausreichende Gründe und vor allem Wofürs einer Nachfolge, geht es weiter.

-       Persönliche Nachfolgefähigkeit: Die gesamte oder partielle Übergabe von Eigentum und / oder operativer Führung hat Auswirkungen auf das individuelle Leben und Erleben der bisherigen – im wahrsten Sinne des Wortes - unternehmerischen Führungskräfte. Angenehme wie unangenehme Auswirkungen ergeben sich auf den konkreten beruflichen wie privaten Alltag. Persönliche Wofürs und die zukünftige persönliche Lebensgestaltung vorzubereiten und im weiteren Verlauf immer wieder zu reflektieren, lässt die Unternehmerinnen orientierter, stabiler und sicherer im Nachfolgeprozess agieren. Unternehmerbeispiele, die es ihren Nachfolgen unnötig schwer machen, weil sie sich nicht mit der Veränderung ihrer zukünftigen Rolle bewusst befasst haben, kennen sicher viele von Euch.

-       Organisationale Nachfolgefähigkeit: Ein „bestelltes Haus“ übergeben zu können, macht nicht nur persönlich zufriedener. Es erhöht auch den potenziellen Verkaufserlös (wenn der Verkauf eine Nachfolgeoption ist) und die Wahrscheinlichkeit, dass die Nachfolge auch auf lange Sicht eine Erfolgsgeschichte sein kann, weil die Nachfolgerin auf eine gute Basis aufbauen kann: Beispielsweise Prozesse, Strukturen, Funktionen, Rollen, Kultur und nicht zuletzt die Identität des Unternehmens - die sich mit einer Übergabe oft verändert – gilt es rechtzeitig, in den Blick zu nehmen. Gerne arbeite ich hier mit Modell der Wesenselemente aus der Organisationsentwicklungs-landkarte von Oliver Martin und Julia Andersch (Trigon). Sie kommt wieder auf der Insel der Transformationsbegleitung zum Einsatz.

-       Nachfolgeoptionen: Zwischen der partiellen Übergabe der Führungsverantwortung an einen Fremd-Geschäftsführer und dem Verkauf an eine externe Persönlichkeit oder der Übergabe des Unternehmens in neue Formate des Verantwortungseigentums (sowie Kombinationen davon) gibt es eine Vielzahl von Optionen. Sie stehen in engem Zusammenhang mit den Souvenirs, die von den ersten drei Inseln mitgenommen wurden.

-       Verkaufsfähigkeit: Mit Blick auf die unterschiedlichen Nachfolgeoptionen ist hier zum Beispiel sicherzustellen, dass die Ertragslage zu einem gewünschten Kaufpreis führen kann. Auch Vertragsdokumentationen, steuerliche Optimierungen und eventuelle gesellschaftsrechtliche Verflechtungen sind hier zu betrachten. Dieser Blick lohnt auch, wenn die Nachfolge zunächst über eine Fremd-Geschäftsführung ohne Eigentumsübergänge eingeleitet wird. Wer wurde nicht schon von vertraglichen Vereinbarungen (sowohl extern als auch intern mit Mitarbeitenden) überrascht.

-       M&A-Prozess: Insbesondere auf dieser Insel ist unser Kooperationspartner Pinegarden (für Gartenmetaphern habe ich offenbar ein Faible) der Reisbegleiter und führt durch den Verkaufsprozess. Themen hier sind unter anderem die Bewertung, Suche nach Käufern, der Due Dilligence- und Verhandlungsprozess oder Verkaufsdokumentationen.

-       Transformationsbegleitung: Nach einer partiellen oder vollständigen von Eigentum und Führung ändert sich unter Umständen formal oder informal viel in der Organisation. Dies im Blick zu halten und kontinuierlich die Intentionen der Inseln der persönlichen und organisationalen Nachfolgefähigkeit fortzuführen – in veränderter Besetzung – erhöht die Wahrscheinlichkeit einer auch dauerhaft gelingenden Nachfolge. Ein bewusster Nachfolgeprozess ist nicht mit dem Closing oder dem ersten Arbeitstag eines neuen (Fremd-)Geschäftsführers beendet.

 

Wie lange und wie intensiv sich jemand auf den einzelnen Inseln aufhält, ist immer auch eine individuelle Entscheidung, die jedoch bewusst getroffen werden sollte. Denn auch, nicht zu entscheiden ist eine Entscheidung. In diesem Fall wahrscheinlich keine gute.

 

Was sind Eure und Ihre Anekdoten zum Thema Nachfolge? Hätten die Inseln hilfreich sein können?

Kommentar schreiben

Kommentare: 0